Dieter von Lüpke prägt als Leiter des Stadtplanungsamts maßgeblich das „Gesicht der Stadt Frankfurt“. In seiner über zehnjährigen Zeit als Amtsleiter und der Tätigkeit im Amt seit dem Jahr 1991 hat er mit seinen planerischen Entscheidungen die Gegenwart und auch die Zukunft Frankfurts aktiv mitgestaltet.
Dr. Michael Kummer hat als Leiter der Bauaufsicht seit 15 Jahren ebenfalls eine Schlüsselposition inne. Die bauleitplanerischen Entscheidungen, die von Lüpke
mit seinem Team vorbereitet, setzt Dr. Kummer durch die zahlreichen Genehmigungen der Bauvorhaben um.
Spätestens Ende des Jahres gehen die beiden Amtsleiter in Ruhestand. Zusammen gaben sie Frankfurtbaut ein Interview über ihre Erlebnisse, Einschätzungen und zum Thema Bauen in Frankfurt.
Welches ist die wichtigste Aufgabe Ihres Amtes?
Dr. K.: Wir begleiten Bauwerke von der ersten Idee bis zum Abbruch.
v. L.: Wir bereiten Entscheidungen vor, die den rechtlichen Rahmen für private Investoren darstellen, wir gewähren finanzielle Hilfen und nutzen planungsbedingte Wertsteigerungen für die Allgemeinheit.
Was hat sich in Frankfurt im Laufe Ihrer Amtszeit geändert?
Dr. K.: Was sich geändert hat, ist die dienstleistungsorientierte und internationalisierte Bewohnerschaft, die andere Bedürfnisse in Bezug auf Lebenskultur hat. Für diese ist Frankfurt zunehmend attraktiver geworden, wozu wir vielleicht einen kleinen Beitrag leisten konnten. Der Main war vor vierzig Jahren nicht benutzbar. Die Kohlehalden lagen überall da, wo wir heute Promenaden haben. Die innere Stadt war eigentlich nicht bewohnbar. Das war ein ziemlich anstrengender Dauerlauf – und zwar durch unwegsames Gelände.
v. L.: Wir beobachten Veränderungen im sozialen Verhalten, in der Verkehrsmittelwahl, in der Nutzung öffentlicher Räume, aber auch in der Konkurrenz der Wirtschaftsstandorte oder in der Struktur der Bauherren.
In welche Richtung entwickelt sich das Bauen in Frankfurt?
v. L.: Die Wertschätzung des Wohnungsbaus ist – in Relation zum Bürobau – relativ gewachsen und wird sich auf diesem Niveau halten. Die Wohnfläche pro Kopf wird wieder zunehmen, während Büronutzer eher mit einer Reduktion ihrer Nutzfläche rechnen müssen. Streit um die „richtige“ Architektur wird auch in Zukunft intensiv ausgefochten werden – wobei Frankfurt vieles ermöglichen wird.
Dr. K.: Zu meiner Schulzeit hatte Frankfurt annähernd so viele Einwohner wie heute, dann setzte die „Stadtflucht“ der Mittel- und Oberschicht ein. Als wir beruflich zusammenkamen mangelte es Frankfurt an städtischer Bürgerschaft. Wir haben Prozesse eingeleitet, damit sich das Blatt wieder zugunsten Frankfurts wenden konnte. Das Projekt „Wohnen am Fluss“ hat sich ganz bewusst an urbane Menschen gewendet. Das Ergebnis dieser Bemühungen: Frankfurt ist wieder eine wachsende Stadt.
Wie sieht Ihrer Meinung nach Frankfurt in 20 Jahren aus?
Dr. K.: Also, ich finde, das ist Sache der nächsten Generation.
v. L.: Frankfurt wird seine kleinräumliche Nutzungsmischung erhalten, sich noch stärker mit einem großen und vielfältigen Wohnungsangebot präsentieren, „grüne“ Verbindungen ergänzen und durch noch mehr Fußgänger und Radfahrer ruhiger geworden sein.
Welche Entwicklung wünschen Sie sich für Frankfurt aus stadtplanerischer Sicht?
v. L.: Dass die Stadt ihre wirtschaftliche Kraft erhält, als „Ankunftsstadt“ für Neubürger interessant bleibt und gute Nachbarschaften ermöglicht. Die Ein-
wohnerzahl von 725000 Einwohnern muss nicht das Ende sein. Ansonsten wünsche ich mir, dass mit dem Motor des Wohnungsbaus Frankfurt auch in der Lage ist, „Unorte“ städtebaulicher Art aufzuwerten, also Entscheidungen früherer Generationen, die sich nicht bewährt haben, zu korrigieren. Zum Beispiel das „Leuchtturm-Projekt“ Einhausung der A 661 zu realisieren.
Dr. K.: Herr von Lüpke hat die großen Flächen im Blick – und bei der Bauaufsicht löst sich das alles in tausende Bauprojekte auf. Das bedarf einer strategischen Orientierung, wo jede Kleinigkeit an dieser Strategie ausgerichtet wird. Sonst sähe die Stadt ganz anders aus, weil jedes Bauvorhaben für sich nicht so bedeutsam ist. Wenn mal etwas schief geht, geht die Stadt davon nicht gleich unter, aber wenn es zu viele werden, dann wird es traumatisch.
Was war das Kurioseste, das Sie erlebt haben?
v. L.: Kurios wird es immer wieder dann, wenn unterschiedliche „Welten“ sich begegnen und keine gemeinsame Sprache finden. Der Respekt vor den Beteiligten verbietet es mir, konkreter zu werden.
Dr. K.: Ich habe von unserer ehemaligen Oberbürgermeisterin Petra Roth einen Auftrag bekommen, für den ich absolut nicht zuständig war: die Sanierung und private Finanzierung der Mainzer Landstraße. Wir haben es tatsächlich geschafft, dass die Straße in kürzester Zeit finanziert und saniert wurde und in einer Form gestaltet, die Vorbild für andere Straßen wurde. Ein tolles Erlebnis.
Was waren die Highlights?
v. L.: Eins von vielen: Das neue alte Phänomen der intensiven Bürgerbeteiligung, dem ich noch zu Beginn sehr distanziert gegenüber stand. Wir haben versucht, Bürger einzuladen, Einfluss auf Planungen zu nehmen und daran aktiv teilzuhaben. Das war für mich ein sehr spannender Prozess – mit Erfolgen, teilweise auch mit Misserfolgen.
Dr. K.: Von Menschen getragen zu werden, von Mitarbeitern und Kunden. Und dann das tägliche Highlight, wenn ich abends über die Mainbrücke gehe: Das ist nicht alles erste Sahne – aber das ist meine Stadt.