Das Titelthema der vorliegenden Ausgabe von Frankfurtbaut ist der Riedberg. Dafür gibt es eigentlich immer zahlreiche Anlässe. Nicht nur, weil wir es mit einem der gefragtesten Wohnstandorte im Rhein-Main-Gebiet zu tun haben; mit einem lebendigen Stadtteil der kurzen Wege, mit einer vernünftigen Nutzungsmischung von Wohnen und Arbeiten, mit viel Grün, einer hervorragenden Verkehrsanbindung und allen Angeboten des täglichen Bedarfs. Mit rund 267 Hektar stellt der Riedberg auch die umfangreichste Frankfurter Stadterweiterung seit dem Bau der Nordweststadt in den 1960er-Jahren dar. Von der Fläche entspricht das in etwa Stadtteilen wie Bornheim oder Ginnheim, die Einwohnerzahl wird bei mehr als 15 000 liegen. All das ist beeindruckend und daher immer einen Artikel wert.
Da sich die Entwicklung dem Ende zuneigt, stellt sich nun die Frage, wie geht es weiter? Frankfurt wächst pro Jahr um rund 15 000 Menschen. In den vergangenen zehn Jahren waren es gut 75 000 Personen, die durch einen Geburtenüberschuss, aber vor allem durch einen starken Zuzug nach Frankfurt gekommen sind. Wir sind jetzt gefordert, die Weichenstellungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung vorzunehmen. Nur mit dem Slogan „bauen, bauen, bauen“ ist es nicht getan. Denn wir brauchen ein Wachstum mit Qualität, bei dem es um die Fragen geht, wie wollen wir bauen, wo wollen wir bauen und für wen wollen wir bauen? Soziale und ökologische Belange, aber auch Qualität in Städtebau und Architektur dürfen unter dem Wachstumsdruck nicht bedeutungslos werden.
Nichtstun können wir uns aber auch nicht erlauben. Wenn wir keine neuen Wohnungen ermöglichen, wenn wir nicht neues Bauland ausweisen und wenn wir alle Nachverdichtungen verhindern, werden Mieten und Immobilienpreise noch stärker ansteigen. In der Folge werden einkommensschwächere Haushalte aus ihren angestammten Quartieren, letztlich sogar aus der Stadt verdrängt. Die Folge wäre eine soziale Entmischung Frankfurts und ein Verlust an Vielfalt, die unsere Stadt auszeichnet. Und die Region würde stärker zersiedelt. In der Wetterau würde beispielsweise im Vergleich zu Frankfurt ein höheres Maß an Fläche pro Kopf versiegelt, denn im Umland dominieren Einfamilien- und Reihenhäuser und nicht der großstädtische Geschosswohnungsbau. Auch die jetzt schon enorm hohe Zahl von Pendlern würde weiter zunehmen, mit mehr Abgasen, Lärm und Unfällen.
In den vergangenen Jahren konnte ich als Bürgermeister und Planungsdezernent schon einige wichtige Weichenstellungen vornehmen. Wir haben das Wohnbauland-Entwicklungsprogramm überarbeitet und ein zusätzliches Flächenpotenzial für 10 000 Wohnungen aufgezeigt. Wir haben die Mittel für den geförderten Wohnungsbau verdoppelt, ein neues Programm für studentisches Wohnen ins Leben gerufen und bei neuen Bebauungsplänen sollen 30 Prozent geförderte Wohnungen entstehen.
Die Erfolge sind deutlich: Wir haben die besten Genehmigungs- und Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau seit Jahrzehnten und im bundesweiten Vergleich haben wir auf die Einwohnerzahl gesehen einen Spitzenplatz inne. Auch konnten wir den Schwund an Sozialwohnungen stoppen. Was ein Ergebnis des Neubaus, aber vor allem auch eines äußerst erfolgreichen Programms zum Ankauf und zur Verlängerung von Sozialbindungen ist.
Jetzt müssen wir mutig neue Baugebiete entwickeln und dabei werden wir auch bisherige Frei- und Ackerflächen in Anspruch nehmen müssen. Wir planen dies zum Beispiel in Sindlingen, in Bonames, im Hilgenfeld oder mit dem neuen Ernst-May-Viertel. Dort gilt es, offen Interessenkonflikte zu benennen und auszutragen.
Wenn es uns gelingt, den Anforderungen der wachsenden Stadt unter Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Belangen gerecht zu werden, dann haben wir die Chance, Frankfurt nachhaltig in die Zukunft zu entwickeln.
Olaf Cunitz
Bürgermeister und Planungsdezernent
der Stadt Frankfurt am Main