Bürgermeister Cunitz stellt Grundsatzpapier zum Milieuschutz vor

Bürgermeister Olaf Cunitz hat Mitte November bei einer Pressekonferenz eine Beschlussvorlage zum Milieuschutz vorgestellt, die er zusammen mit sieben Aufstellungsbeschlüssen für so genannte Milieuschutzsatzungen in den parlamentarischen Geschäftsgang gegeben hat. In den besonders betroffenen innenstadtnahen Gebieten der Stadt Frankfurt am Main soll damit einer starken Aufwertungs- und Verdrängungsdynamik begegnet werden. „Im Rahmen einer Gesamtstrategie nutzen wir alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente bei der Wohnraumversorgung und tragen zur Vermehrung von bezahlbarem Wohnraum, zur Sicherung von vorhandenem Wohnraum wie auch zur Qualifizierung der Stadtteile bei“,  erläutert Bürgermeister Cunitz. Grundsätzlich kann eine Kommune durch Milieuschutzsatzungen Gebiete benennen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung und die Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer besonderen Genehmigung bedürfen. Hierfür ist es zunächst notwendig, ein bestimmtes Bewohnermilieu unter anderem durch soziologische Untersuchungen zu definieren. Ergänzend befindet sich derzeit ein Stadtteilmonitoring zu Aufwertungs- und Verdrängungsprozessen in Bearbeitung und wird auf seine Tauglichkeit überprüft.
Modernisierungen sollen nicht verhindert werden
Zur Beurteilung der Frage, ob eine Veränderung der sozialen Struktur erwartet werden kann, wird ein Kriterienkatalog zur Anwendung kommen. Dieser benennt Merkmale, die auf eine übermäßige Aufwertung hindeuten. Hierzu gehören beispielsweise die Zusammenlegung von Wohnungen zu Großwohnungen von mehr als 130 Quadratmeter oder Personenaufzüge, die nur einzelne Geschosse erschließen. „Das bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche Modernisierungen verhindert werden sollen. Ein zeitgemäßer Ausstattungsstandard ist gewünscht und die Verbesserung der Barrierefreiheit und der Energieeffizienz sind ausdrücklich gewollt“, stellt Cunitz klar. Zusätzlich ist beabsichtigt, in den künftigen Gebieten der Milieuschutzsatzungen gezielt von der Möglichkeit der Ausübung von Vorkaufsrechten Gebrauch zu machen. Dadurch soll in den Stadtquartieren insbesondere einer Verdrängung der Bewohner aus Objekten mit günstigem Wohnraum verhindert werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann aber dadurch abgewendet werden, dass ein zukünftiger privater Eigentümer sich vertraglich gegenüber der Stadt verpflichtet, den Zielen der Milieuschutzsatzung besonders Rechnung zu tragen.
Attraktivität weniger zentraler Stadtteile erhöhen
„Neben den Milieuschutzsatzungen für die innenstadtnahen Bereiche wollen wir die Perspektiven für die weniger zentralen Stadtteile verbessern und vorhandene räumliche Qualitäten zu stärken – wie schon in der Vergangenheit durch stadtteilbezogene oder thematisch bezogene Förderprogramme und zukünftig verstärkt durch die Arbeit einer Stadtentwicklungsgesellschaft samt Liegenschaftsfonds, die eine kleinräumliche Entwicklung befördern soll“, sagt Cunitz. „So werden diese Stadtteile attraktiver und nehmen auf diese Weise auch etwas Druck von den innenstadtnahen Quartieren.“ „Neben den umfassenden Anstrengungen, die wir als Kommune unternehmen, bleiben aber auch ein Reihe von Aufgaben, die der Bund und insbesondere das Land Hessen angehen müssten, um bessere Handlungsmöglichkeiten zum Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten. Deswegen bleiben die Themen eines Genehmigungsvorbehalts bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen durch eine Landesverordnung, die Fehlbelegungsabgabe, die Wohnraumzweckentfremdung und eine wirksame Mietpreisbremse für mich weiter auf der Tagesordnung“, so Cunitz abschließend.

Geplanter Kriterienkatalog
Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob eine Veränderung der sozialen Struktur erwartet werden kann:

  • Abbruch und Rückbau – auch die teilweise Beseitigung – von Wohnungen beziehungsweise Wohngebäuden
  • Die Umwandlung von Wohnungen in Büros
  • Änderungen bestehender Wohnungen (baulicher Anlagen), wenn der allgemein übliche Standard von (Miet-)Wohnungen überschritten wird
  • Schaffung einer Wohnung (auch durch Dachgeschoss-Ausbau), wenn sie größer als 130 Quadratmeter ist
  • Zusammenlegung von Wohnungen zu einer Großwohnung (mehr als 130 Quadratmeter)
  • Neue Balkone, Dachterrassen und Wintergärten größer acht Quadratmeter
  • Personenaufzüge, die nur einzelne obere Geschosse erschließen

Bauliche Modernisierungen, die weiterhin zulässig bleiben und im Interesse der Stadt Frankfurt am Main sind:

  • Ein zeitgemäßer Ausstattungszustand, entsprechend dem Ausstattungsstandard durchschnittlicher Wohnungen im Satzungsgebiet (Grundausstattung im Hinblick auf Sanitär- und Elektroinstallation sowie zentrale Heizungsversorgungsanlagen)
  • Energiesparende Maßnahmen (Erfüllung der ENEV-Anforderungen bis hin zum Passiv­hausstandard)
  • Maßnahmen, die der Barrierefreiheit beziehungsweise besseren Erreichbarkeit und Nutzbarkeit von Wohnungen dienen
  • Balkone und Dachterrassen kleiner als acht Quadratmeter