Ein Porträt des neuen Planungsdezernenten Mike Josef
„Es ist der Reiz, die Zukunft dieser Stadt mitzugestalten.“ Auf diesen Satz fasst Mike Josef seine Entscheidung zusammen, dass er Planungsdezernent von Frankfurt am Main werden wollte. Seit 15. Juli 2016 übt der heute 33-Jährige das Amt aus – und sieht sich mit einer Reihe von großen Herausforderungen konfrontiert.
„Die zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren wird sein, ausreichend bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen. In Frankfurt hat der Wohnungsbau in den vergangenen Jahren erfreulicherweise stark zugenommen, allerdings entsteht nicht genug im preiswerten Segment. Hier muss künftig noch mehr geschehen“, sagt Josef. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, will er künftig noch stärker darauf drängen, dass bei größeren Bauvorhaben mindestens 30 Prozent geförderter Wohnraum entsteht. „Da darf es keine Ausnahmen geben.“
Vernünftige soziale Durchmischung hilft allen
Hierbei setzt der neue Planungsdezernent aber nicht nur auf die Durchsetzung der städtischen Vorgabe, dass bei der Schaffung von neuem Planungsrecht – also bei der Aufstellung neuer oder der Änderung bestehender Bebauungspläne – 30 Prozent der zusätzlich ermöglichten Wohnbaufläche als geförderter Wohnraum entstehen soll. Die derzeitige Marktsituation lässt seiner Ansicht nach immer noch anständige Renditen zu. Josef pocht aber auch auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Investoren. „Ich würde mir wünschen, dass auch die privaten Bauherren zu der Einsicht gelangen, dass geförderter Wohnungsbau ihren Projekten gut tut, da dadurch eine vernünftige soziale Durchmischung erreicht wird. Letztlich profitieren sie davon, wenn sie eine vielfältige Bewohnerschaft haben. Es sollte selbstverständlich werden, einen angemessenen Anteil an preisgünstigem Wohnraum zu errichten.“
Geförderter Wohnungsbau ist neben der Wohnbaulandentwicklung das Schwerpunktthema von Planungsdezernent Josef. „Ich will das Soziale wieder stärker in den Mittelpunkt rücken“, ist sein Credo. „Über 40 Prozent der Frankfurter Haushalte sind sozialwohnungsberechtigt. Das ist keine Randgruppe, das sind meist hart arbeitende Menschen, bei denen das Einkommen aber nicht für die Marktmiete reicht. Das ist die Mitte der Gesellschaft. Frankfurt muss auch künftig eine Stadt für alle sein. Ich glaube, dass guter Städtebau auch von der Durchmischung der Quartiere lebt, ob die soziale oder die Nutzungsmischung, beides zeichnet Frankfurt seit Jahrzehnten aus.“ Wenn man mit ihm über sein Lieblingsthema spricht merkt man gleich, dass er mit Herzblut bei der Sache ist, dass er keine hohlen Phrasen drischt, sondern seine grundlegenden Überzeugungen preisgibt. Dass er überzeugen möchte – und überzeugen kann.
Planungsdezernent ist erstmals ein Migrant
Mike Josef ist kein gebürtiger Frankfurter – aber Frankfurt ist seine Heimat. „Seit 2003 lebe ich hier, ich habe hier studiert und gearbeitet, geheiratet und bin Anfang des Jahres Vater eines Sohnes geworden“, sagt er. Der Diplom-Politologe war von 2011 bis zu seiner Wahl in den Magistrat Stadtverordneter der SPD-Fraktion im Römer und arbeitete als Organisationssekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund in Südosthessen. Seit 2013 ist er außerdem Vorsitzender der Frankfurter SPD.
„An Frankfurt schätze ich insbesondere die kurzen Wege, die Vielfalt und dass man sich nie fremd in der Stadt fühlt“, sagt Josef. Dabei kam seine Familie aus der Fremde nach Deutschland: Er war gerade mal vier Jahre alt, als seine Eltern als Teil der christlichen Minderheit Syrien mit ihm verließen. Noch immer hat er Verbindungen in sein Geburtsland, ein Teil der Familie wohnt noch dort. Josef ist der erste Migrant auf der Position des Planungsdezernenten – aber in einer Stadt wie Frankfurt passt das sehr gut. Dort, wo Menschen aus beinahe allen Staaten der Erde leben.
Dass diese Menschen zufrieden hier leben, das ist seine selbst gewählte Aufgabe: „Als Planungsdezernent kann man das Bild der Stadt und das Lebensgefühl der Menschen positiv beeinflussen. Ich möchte die Herausforderungen der wachsenden Stadt bei einem weiteren Zugewinn an Lebensqualität bewältigen. Ich möchte das Wachstum Frankfurts sozial gestalten. Das ist mein Ziel.“
Bevölkerungswachstum als große Chance
Dabei ist gerade das Bevölkerungswachstum die größte Herausforderung für den Dezernenten für Planen und Wohnen. „Vor 25 Jahren hat kaum jemand die jetzige Entwicklung vorhergesehen“, erläutert Josef. „Damals dachte man, die Bevölkerungszahl werde stagnieren oder sogar zurückgehen. Doch seit gut zehn Jahren wächst Frankfurt rasant, allein um rund 75 000 Menschen in den vergangenen fünf Jahren. Ich will dieses Wachstum als Chance darstellen und nicht als Gefahr.“
Josef ist überzeugt, dass dafür das herrschende Leitbild der Innenentwicklung erweitert werden muss. „Das bedeutet, Nachverdichtung, wo sie für das Umfeld und die Umwelt verträglich ist. Die Arrondierung bestehender Siedlungen. Die Konversion ehemals gewerblich genutzter Areale in Wohnbauflächen“, zählt er auf. „Aber wir müssen noch einen Schritt weiter gehen, in den Außenbereich: Frankfurt braucht einen neuen Stadtteil.“ Wo, darüber soll auch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Aufschluss geben, das Mitte 2017 vorliegen soll – und mit dessen Hilfe Mike Josef die Zukunft Frankfurts aktiv mitgestalten will.