Eine lebendige Großstadt wie Frankfurt steht niemals still. Die Entfaltung der Menschen, die Perspektiven der Unternehmen, die Weitsicht der Politik – alles verzahnt sich zu einer komplexen Struktur. Damit die Dynamik dieser Stadt kraftvoll und zukunftsorientiert weiter entwickelt werden kann, sind Veränderungen nötig.
Statistiker rechnen damit, dass die Zahl der Einwohner Frankfurts bis 2030 auf über 800 000 steigt. Verglichen mit der aktuellen Einwohnerzahl ist dies ein Zuwachs von rund 100 000 Menschen. Die komplette Intrastruktur für eine funktionierende und gleichzeitig attraktive Stadt braucht eine vorausschauende städtebauliche Planungsbasis. Außerdem muss für Frankfurter und Zuziehende genügend Wohnraum bereitgestellt werden. Bis zum Ende des dritten Quartals 2015 wurden 3 563 Wohneinheiten genehmigt, darunter 634 Wohneinheiten aus der Umwandlung von Gewerbe in Wohnen. Denn im Zuge der Veränderungen wandeln sich auch Anforderungen und Nutzungen an Gebäude, manchmal sogar an ganze Stadtteile. Solche Veränderungsprozesse werden von Politik, Wirtschaft und engagierten Bürgern vorangetrieben. Als Ergebnis können so genannte Nutzungsänderungen oder Konversionen neue Perspektiven für bisher brachliegende Flächen oder ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllende Liegenschaften bieten.
Europaviertel – die größte Konversion Frankfurts
Die größten Veränderungen hinsichtlich einer neuen Nutzung erfährt das Europaviertel. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs im Stadtteil Gallus wächst ein modernes Quartier mit Wohnhäusern, Bürogebäuden, Hotels, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Parks, Verkehrswegen sowie einer umfassenden Infrastruktur sozialer und kultureller Einrichtungen. Das Gebiet des Europaviertels ist einschließlich der Randflächen rund 145 Hektar groß, was etwa 200 Fußballfeldern entspricht. Seit dem Beginn der Erschließung vor zehn Jahren ist an der regen Bautätigkeit die Dynamik in diesem Teil Frankfurts besonders deutlich abzulesen. Spektakulär wird die Achse der bis zu 60 Meter breiten Europa-Allee nach Fertigstellung der Wohnhochhäuser, deren Gebäudehöhen zwischen 60 und 160 Metern betragen sollen. An den Rändern geht das Quartier in die bestehende Bebauung der Nachbarviertel über und wird dadurch städtebaulich gut durchdacht integriert.
Konversion in Höchst auf dem früheren VGF-Gelände
Ein großes Projekt der Konversion geht die ABG Frankfurt Holding in Höchst an: Auf einem früheren Betriebshof der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) entstehen 250 Wohnungen und eine Kita. Das seit den Vierzigerjahren genutzte Gelände wurde vor einiger Zeit aufgegeben. „Das ist ein nachhaltiger Beitrag, um den Herausforderungen einer ständig wachsenden Stadt effektiv zu begegnen“, sagte Planungsdezernent Olaf Cunitz. Gemeinsam mit dem Architekten Ferdinand Heide, der den Vorsitz einer eigens eingesetzten Jury innehatte, und dem Vorsitzenden der ABG-Geschäftsführung, Frank Junker, stellte Cunitz die Ideen für das 2,4 Hektar große Areal vor. Insgesamt entstehen auf dem Areal des früheren Betriebshofs von Anfang 2017 an 250 Wohnungen in Passivhaus-Bauweise zwischen Palleskestraße und Bahnlinie. Das Areal befindet sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Höchst und ist fußläufig gut zu erreichen.
Ein Teil der Wohnungen ist freifinanziert, aber die ABG setze auch auf den ersten Förderweg und das Mittelstandsprogramm zum geförderten Wohnungsbau, hob Frank Junker hervor: „Auf einer zuvor kümmergenutzten Fläche entstehen jetzt Wohnungen“, unterstrich der ABG-Geschäftsführer. Grundsätzlich errichte die ABG auch diese Wohnungen in Passivhaus-Bauweise und orientiere sich damit an einem Maßstab, den die Europäische Union ohnehin von 2020 an für nötig halte. „Mit dem Wohnungsbau betreiben wir ein Stück Stadtreparatur“, setzte Junker hinzu.
Die Jury würdigte die Pläne des Architekten Jo Franzke dafür, dass sich sein Wohnungsbau „sensibel in den städtebaulichen Kontext einfügt“. Insbesondere seine Pläne für die künftige Nutzung der Freiflächen in der Nachbarschaft der Wohnungen wie der Kindertagesstätte seien „ausgesprochen gelungen“. „Der Jury hat vor allem auch die Freiraumgestaltung im Entwurf von Jo Franzke gefallen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Ferdinand Heide. Mit klaren städtebaulichen Figuren habe der Architekt in seinem Entwurf eine starke architektonische Haltung bezogen.
Knast weicht Wohnraum
In Höchst gibt es ein weiteres Konversionsprojekt. Das Unternehmen Krieger und Schramm lässt auf dem Areal der ehemaligen JVA Eigentumswohnungen in neun Häusern in drei Bauabschnitten entstehen. Die Inhaftierten wurden bereits 2011 verlegt. Jetzt macht das 5 600 Quadratmeter große Areal Platz für 107 Eigentumswohnungen mit einer Größe zwischen 45 und 130 Quadratmetern. Durch die Umnutzung des innerstädtischen Geländes entsteht neuer Wohnraum ohne weiteren Flächenverbrauch. Die Abrissarbeiten der massiven Gefängnismauern starteten im November 2014. Diesen Oktober wurde bereits der erste Spatenstich gefeiert, er läutet den Neubau ein. Die geplante Fertigstellung ist 2017. Auf dem ehemaligen Gefängnisareal entstehen Wohnungen bei denen besonders viel Wert auf schadstoffarme Baustoffe und Ausstattungen gelegt wird. Darüber hinaus verfügen sie über alle Annehmlichkeiten moderner Wohnungen: entweder Loggien oder private Gartenanteile. Zusätzlich gibt es einen zirka 40 mal 40 Meter großen begrünten Innenhof, sodass rund die Hälfte der gesamten Fläche der Anlage grün sein wird.
Oskar – Eigentumswohnungen am Fluss
Auf dem Grundstück des früheren Bordells Sudfass entstehen in dem Bauvorhaben Oskar Frankfurt 28 Eigentumswohnungen direkt am Main. Das Bordell wurde für diese Entwicklung im letzten Quartal 2014 abgerissen. Oskar Frankfurt wird über Wohnungen mit Wohnungsgrößen von 80 bis 175 Quadratmetern verfügen. Die dem Main zugewandten Räume werden durch bodentiefe Fenster einen unverbaubaren Blick auf Sachsenhausen gewähren. Nicht nur die Gebäudenutzung wurde verändert, auch das Uferareal hat einen grundlegenden Wandel hinter sich. Bis zur Europäischen Zentralbank erstreckt sich die Weseler Werft, deren denkmalgeschützte Hafenkräne noch an die Zeit der Hafennutzung erinnern. Im Jahr 2000 wurde die lichte, großzügige Parkfläche fertig gestellt und erfreut sich heute großer Beliebtheit bei Anwohnern und Spaziergängern.
Hafenpark Quartier: Wohnungen statt Einkaufszentrum
Ebenfalls im Frankfurter Ostend entsteht auf einem weiteren Areal der ehemaligen Hafenanlagen am Honselldreieck ein neues Quartier. Nach den anfänglichen Planungen sollte auf dem Grundstück ein neues Einkaufszentrum entstehen. Doch die Planungen wurden geändert. Unter dem Namen Hafenpark Quartier baut die B&L Gruppe auf dem über 29 000 großen Grundstück zirka 350 Mietwohnungen, 350 Eigentumswohnungen, Büros mit insgesamt 31 000 Quadratmetern Fläche, ein Hotel, ein modernes Boardinghouse sowie Einzelhandelsflächen. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für das Jahr 2018 geplant. So wird aus der brach liegenden Fläche nach und nach ein gemischt genutztes Quartier.
Frankfurts neue Altstadt zwischen Dom und Römer
Der Wiederaufbau eines Teils der Frankfurter Altstadt auf dem Gelände des früheren Technischen Rathauses ist in vollem Gange. Das DomRömer-Quartier wächst zusehends – etliche Häuser haben bereits ihre volle Gebäudehöhe erreicht. In dem kleinteiligen Viertel wird es historische Gassen, romantische Plätze, 35 Altstadthäuser und das Stadthaus geben. Die Erdgeschossflächen sind für Gastronomie, Gewerbe und Einzelhandel vorgesehen. Möglich wurde das DomRömer-Quartier dadurch, dass 2010 das Technische Rathaus, ein massiger Gebäudekomplex aus den Siebzigerjahren, an dieser Stelle abgerissen wurde. Durch die Baumaßnahme wird an historischem Ort ein wichtiges Stück Stadtreparatur umgesetzt.
Raum für Kultur in früherer Produktionshalle
Veränderungen finden auch in kleinerem Rahmen statt – in jedem Stadtteil, in jeder Nachbarschaft. So haben sich frühere Fabriken in Bürolofts verwandelt oder Gewerbehöfe in Kultureinrichtungen. Beispielsweise hat die niederländische Malerin Hilda Kleyn ihr Atelier in einer ehemaligen Produktionshalle in Sachsenhausen bezogen. Seit 2000 lebt und arbeitet sie in Frankfurt und ist glücklich über ihr Atelier im Hinterhof in der Mörfelder Landstraße.
Vor sechs Jahren entschied sich die Künstlerin dazu, dass sie hier in der Nachbarschaft kleiner Grafikagenturen, Architekturbüros, Nachbarschaftsläden und Ateliers ihr Quartier bezieht. Die vorhandene Gebäudestruktur wurde etwas angepasst und modernisiert. Dennoch ist der Charme der früheren Nutzung noch deutlich ablesbar, beispielsweise an Rolltoren, Betonböden oder der Innengestaltung. Die Künstlerin freut es: „Das Erdgeschoss ist perfekt für Anlieferungen. Durch die großen Tore können Bilder im Format von 170 mal 170 Zentimetern bequem verladen werden. Außerdem habe ich viel Platz für meine Arbeit“, so Hilda Kleyn.
Bockenheim erhält 130 neue Eigentumswohnungen
Sehnsucht nach dem Leben in der Stadt haben viele Menschen. Sie bevorzugen kurze Wege, nutzen gern Kultur- und Freizeitangebote oder möchten in der Nähe ihrer Freunde wohnen. Auch aus diesen Gründen ziehen immer mehr Menschen nach Frankfurt und ist ein Großteil der Konversionen die Umwandlung von Gewerbeimmobilien zu Wohnhäusern. In der Solmsstraße in Bockenheim wird zum Beispiel im kommenden Jahr ein Bürogebäude aus den Neunzigerjahren abgebrochen – an seiner Stelle entsteht das Wohnbauvorhaben Sophie. Der Projektentwickler Wohnkompanie realisiert zirka 130 Eigentumswohnungen in Größen zwischen einem Zimmer und fünf Zimmern. Das Bestandsgebäude wird bis auf die zweigeschossige Tiefgarage abgerissen und durch einen L-förmigen Baukörper um den bestehenden Innenhof gruppiert.