Das Leben in Frankfurt hat sich schlagartig verändert

12.11.2020 | Editorial

Das Leben in unserer Stadt hat sich in diesem Jahr mit der Corona-Pandemie schlagartig verändert. Nicht nur in Frankfurt, nicht nur in Deutschland; wir erleben die Pandemie als ungeahntes globales Phänomen. Ungeachtet dessen wird sie im unmittelbaren Lebensumfeld konkret. Alltägliche Dinge verändern sich. Wir fahren mit Mund-Nase-Bedeckung U-Bahn, gehen mit ihr einkaufen. Das Bier am Abend in der Kneipe ist nicht mehr selbstverständlich. Der Alltag hat sich geändert. Routinen werden häufig durch Unsicherheit überdeckt.
Auch der öffentliche Raum in unserer Stadt hat sich damit verändert. Weniger Menschen sind unterwegs, mehr scheuen den Kontakt. In ansonsten belebten Quartieren gibt es für viele keine Anlässe mehr, dort hinzugehen. Es bleiben diejenigen übrig, für die diese Orte die einzigen Orte in der Stadt sind. Auch hier ändert sich die Realität in Richtung Unsicherheit. In der städtischen Öffentlichkeit gibt es zunehmend Bewertungen, was richtig und was falsch ist. Junge Menschen werden beschimpft, wenn sie feiern oder in Gruppen unterwegs sind. Kulturen, die durch größere Nähe gekennzeichnet sind, werden zum Problem umgedeutet.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ja, es war richtig, die Maskenpflicht einzuführen. Es war auch richtig, im März einen Lockdown vorzunehmen, in einer Situation, in der niemand wusste, was da kommt. Ebenso war es richtig, Geld in die Hand zu nehmen, um Existenzen zu sichern.
Jenseits davon besteht allerdings die Notwendigkeit, als Individuum und als Gesellschaft empathisch auf die individuellen Auswirkungen zu reagieren. Die Jugendphase ist die Phase des Probierens, Kommunikation am Tresen ist Bestandteil unserer Kultur. Lassen Sie uns das immer mitdenken. Lassen Sie uns auch das Leid Erkrankter und der Angehörigen von Verstorbenen mitdenken. Nicht nur sich richtig zu getroffenen Beschlüssen zu verhalten zählt. Es zählt in der jetzigen Zeit noch viel mehr die Wahrnehmung von Leid, Verlust und auch Angst. Das nimmt Ihnen keine Vorschrift ab, es liegt alleine an Ihrer Haltung zu unserer Gesellschaft.
Wir haben Erfahrungen gesammelt, und wir haben seit März dieses Jahres hinzugelernt. Absehbar werden wir mit Einschränkungen leben müssen. Und wir werden unseren Alltag darauf einstellen müssen. Das entbindet uns alle nicht von den Verpflichtungen unseres Alltags. So finden Sie in der vorliegenden Ausgabe von Frankfurtbaut auch ein Stück Normalität. Wichtige Prozesse in unserer Stadt gehen voran, dulden keinen Aufschub, auch wenn die Umstände mitunter widrig sind.
Wir legen einen Schwerpunkt auf das Thema „Soziale Stadt“. Über 100 Millionen Euro investieren wir die nächsten Jahre in Stadtteile mit Entwicklungsbedarf. Sossenheim, Griesheim, Höchst und Nied sind Stadtteile mit industrieller Tradition, die wir mit den Programmen unterstützen und diese Tradition in die Zukunft fortschreiben möchten. Industrie hat in Frankfurt eine Zukunft. Aber auch im Nieder-Eschbacher Ben-Gurion-Ring sind wir unterstützend aktiv. Hier wurden Belegrechte im sozialen Wohnungsbau gesichert und wir sind dort mit dem Programm „Sozialer Zusammenhalt“ unterwegs.
Auch die Hochhausstadt ist Thema dieser Ausgabe. Derzeit arbeiten wir an der Fortschreibung des Hochhausrahmenplans. Corona zwingt hier zu Fragen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung heutiger Bürostandorte. Ein Thema, das uns im kommenden Jahr intensiv beschäftigen wird. Wie werden die Hochhäuser der Zukunft aussehen. Bleibt es schwerpunktmäßig bei Büronutzungen? Werden weitere Wohnhochhäuser entstehen? Sind Mischnutzungen vorstellbar? Letztlich stellt sich auch die Frage nach kulturellen Nutzungen in den Sockelgeschossen. Diskutiert wird auch die Frage nach den Standorten; also wo sind weitere Cluster für den Hochhausbau in unserer Stadt denkbar?
Ich hoffe, dass wir uns schon bald wieder stärker solchen Fragen zuwenden und die Veränderungen und Einschränkungen durch Corona hinter uns lassen können.

Mike Josef
Dezernent für Planen und Wohnen
der Stadt Frankfurt am Main