Die soziale Wohnraumversorgung ist eine zentrale Aufgabe meiner Arbeit als Planungsdezernent der Stadt Frankfurt am Main. Denn durch das anhaltende Bevölkerungswachstum – Frankfurts Einwohnerzahl ist in weniger als zehn Jahren um rund 70 000 Personen rasant in die Höhe geschossen – hinkt das Angebot an Wohnungen der Nachfrage hinterher. Ursachen sind der Geburtenüberschuss und der starke Zuzug. Da zugleich im günstigen Bereich nicht ausreichend gebaut und höherpreisiges Wohnen überproportional stark errichtet wird, ist der Wohnungsmarkt dysfunktional. Daher setze ich auf drei Bausteine der Wohnungspolitik.
An erster Stelle steht die Vermehrung von Wohnraum. Etwa durch die Bereitstellung von Wohnbauland über Bebauungsplanverfahren, mit einem hohen Anteil an gefördertem Wohnraum. Oder durch unsere kommunale Wohnungsbauförderung: Mit derzeit 45 Millionen Euro im Jahr haben wir bundesweit pro Kopf gerechnet die höchste Fördersumme. Oder durch die Konversion bislang vor allem gewerblich genutzter Areale: Wir wandeln Büros und Bahnhöfe, Gefängnisse und Gleisanlagen, Behörden und Brauereien, Möbelhäuser und Militärkasernen in Wohnungen um.
Zweitens betreiben wir die Sicherung preisgünstigen Wohnraums. Dazu zählt der Erwerb von Belegrechten – bislang konnten wir schon mehr als 1000 Belegrechte ankaufen und auf diese Weise 2 700 Menschen ein Zuhause geben. Zusätzlich haben wir 2 000 Belegrechte gesichert, die demnächst auslaufen. Das Abschmelzen der Zahl der Sozialwohnungen wird auf diese Weise deutlich abgebremst. Und auch das Instrument der Milieuschutzsatzungen wollen wir künftig gezielter nutzen.
Drittens wollen wir verstärkt dezentrale Stadtteile qualifizieren: durch Förder- und Investitionsprogramme wie das Programm „Schöneres Frankfurt“ oder durch sektorale Förderung, wie wir sie in Höchst, in Fechenheim oder im Bahnhofsviertel bereits haben. Darüber hinaus entwickelt unsere Stadtentwicklungsgesellschaft fortan Brachen, mindergenutzte Flächen und schwierige Grundstücke, um insbesondere gemeinschaftliche Wohnprojekte zu ermöglichen.
Auf das bereits erwähnte Instrument der Milieuschutzsatzungen gehen wir in der vorliegenden Ausgabe von Frankfurtbaut näher ein. Grundsätzlich können die Kommunen auf Grundlage des Baugesetzbuchs Gebiete ausweisen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ein Genehmigungsvorbehalt für bauliche Änderungen besteht – so genannte Milieuschutzsatzungen. Das Ziel ist, die angestammte Wohnbevölkerung insbesondere in den innenstadtnahen Gründerzeitvierteln vor Aufwertungs- und Verdrängungstendenzen zu schützen. Milieuschutzsatzungen sind natürlich Eingriffe in die Eigentumsrechte von Privaten. Um rechtssicher zu sein, müssen sie gründlich vorbereitet werden. Wir müssen unter anderem durch soziologische Untersuchungen ein spezifisches Bewohnermilieu für jedes einzelne Quartier definieren, das es zu schützen gilt. Damit ist eine Menge Arbeit verbunden. Ich bin mir dabei sehr wohl bewusst, dass man mit baurechtlichen Instrumenten die Regeln des Marktes nicht außer Kraft setzen kann. Doch ich sehe es als meine Aufgabe an, jede Möglichkeit zu nutzen, die eine Verdrängung weniger zahlungskräftiger Schichten aus Stadtteilen verhindern oder abbremsen kann, die besonders stark von Aufwertungsprozessen betroffen sind. Denn auch dies zählt zur sozialen Wohnraumversorgung.
Olaf Cunitz
Bürgermeister und Planungsdezernent
der Stadt Frankfurt am Main