Mitte September war Frankfurt am Main Gastgeberstadt für den 12. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik. Was sich für viele Bürgerinnen und Bürger etwas sperrig und wenig greifbar anhören mag, war ein hochkarätiger Austausch. Aktuelle Ansätze und Strategien der Stadtentwicklungspolitik wurden diskutiert, Ideen für eine gemeinsame nachhaltige und integrierte Entwicklung von städtischen und ländlichen Räumen auf nationaler und europäischer Ebene vorangetrieben. Die über 1000 Teilnehmer kamen aus Institutionen des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie aus vielen Teilen der Welt, unter anderem aus den USA, Chile, Brasilien, Ecuador, Südafrika, Indien und der Ukraine. Veranstalter des Bundeskongresses waren das Bundesbauministerium gemeinsam mit der Bauministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund. Das Motto lautete: „Gemeinsam in sozialer Verantwortung für Stadt und Land“.
Obschon nicht Veranstalter, so war es mir wichtig, dass wir als Gastgeber entsprechende Akzente setzen. Daher habe ich ein gemeinsames Umdenken in der Wohnungs- und Bodenpolitik gefordert – und dafür viel Zuspruch bekommen. Denn gerade die Themen integrierte Stadtentwicklung, Boden- und Wohnungspolitik sowie das Verhältnis Stadt/Umland brennen uns in Frankfurt so wie vielen anderen Großstädten unter den Nägeln. Stadt, Land und Bund stehen gemeinsam in der Verantwortung für eine sozialgerechte Stadtentwicklung. Bezahlbares Wohnen ist die entscheidende soziale Frage unserer Zeit. Wohnen ist ein Grundrecht. Ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein Grundbedürfnis der Menschen, für das wir Sorge tragen müssen.
Ich bin davon überzeugt, dass sich auf allen Ebenen etwas grundlegend ändern muss: Kommunen, Länder und auch der Bund sind mit ihrer Gesetzgebung, ihrer Politik und ihrem Grundbesitz ebenso gefordert wie die Kirchen, die Stiftungen, Gewerkschaften und andere gemeinwohlorientierte sowie private Institutionen; das heißt, alle Haus- und Grundstückseigentümer, seien es einzelne Personen, Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, gemeinnützige Träger, GmbHs oder Fondsgesellschaften. Was uns alle verbindet ist die Verantwortung für eine Stadt- und Landesentwicklung, die die soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen annimmt und dem kapitalorientierten Bodenmarkt und entsprechender Stadtentwicklung etwas zur Seite stellt.
Eine sozialgerechte Stadtentwicklungspolitik orientiert sich an der Vielfalt der Bevölkerung der Städte und setzt eine aktive Bodenpolitik der öffentlichen Hand voraus. Bezahlbares Wohnen als Grundlage, gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, eine starke soziale Infrastruktur, ergänzt durch Grün- und Freiflächen, eine gute Architektur und die Möglichkeit der Aneignung des Umfelds seiner eigenen Stadt und im eigenen Stadtteil, das sind die wichtigsten Parameter, nicht nur um Wohnungen zu sichern. Wesentliche Hebel sind der Zugang, die Vergabe und die Entwicklung von Grund und Boden. Es muss gelebte Praxis werden, dass die öffentliche Hand Grundstücke nicht mehr verkauft, sondern im Erbbaurecht vergibt. Grundlage muss das beste Konzept und nicht der höchste Preis sein. Denn Boden ist kein Gut wie jedes andere.
Solche modellhaften Ansätze wurden beim 12. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik diskutiert. Außerdem zeigen Beispiele aus anderen Städten, dass solche Konzepte bereits praktisch umgesetzt sind und positiv auf den Städtebau und die Bezahlbarkeit von Wohnen wirken. Daher habe ich die echte Hoffnung, dass hierzu ein Umdenken stattfindet und künftig wieder stärker gemeinsam in sozialer Verantwortung gehandelt wird.
Mike Josef
Dezernent für Planen und Wohnen
der Stadt Frankfurt am Main