Wenn sich Personen verschiedener Generationen, Kulturen und Lebensumstände – Singles, Paare, Familien und Rentner – dazu entschließen, zusammen zu wohnen, scheitert das Projekt oftmals an den teuren Preisen der Grundstücke oder Bauwerke, auch Liegenschaften genannt. Professionelle Investmentunter­nehmen sind häufig in der Lage, Liegenschaften trotz hoher Kosten zu erwerben. Damit aber auch Wohngruppen künftig die Chance haben, ein Grundstück oder ein Haus zu kaufen, hat die Stadt Frankfurt den Liegenschaftsfonds ins Leben gerufen.
Mit dem Liegenschaftsfonds startet die Stadt Frankfurt am Main ein Verfahren, um Liegenschaften insbesondere an Gruppen zum gemeinschaftlichen Wohnen zu vergeben. Der Liegenschaftsfonds als Instrument der Stadtentwicklung verfolgt im Wesentlichen das Ziel, brachgefallene oder mindergenutzte Liegenschaften als Potenziale für den Wohnungsbau zu erschließen und für gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise sollen zudem städtebauliche Missstände beseitigt werden. Bislang waren die gemeinschaftlichen und genossenschaftlichen Wohnprojekte bei der Grundstücksvergabe gegenüber professionellen Akteuren benachteiligt – nicht zuletzt, weil die Wohngruppen die hohen Grundstückskosten oftmals nicht aufbringen konnten. In Frankfurt setzten deshalb erst wenige Projekte ihre innovativen Ansätze vom gemeinschaftlichen und kooperativen Wohnen mit neuen Grundrissen in einer bewusst gewählten Nachbarschaft um. Der Liegenschaftsfonds soll diese Lücke im Frankfurter Wohnungsmarkt schließen und für mehr Dynamik sorgen. Denn klar ist, dass der Bedarf nach neuen Wohnformen an­gesichts veränderter Lebensmodelle, Wohnbiographien und des demographischen Wandels stetig zunimmt. Dies zeigt auch die wachsende Mitgliederzahl im Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen.
Vergabe im Spätsommer
Im Spätsommer werden die ersten Liegenschaften an gemeinschaftliche Wohnprojekte vergeben. Betreut wird der mit insgesamt 6,8 Millionen Euro ausgestattete Liegenschaftsfonds von der Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (KEG). Grundstücke, die ins Verfahren kommen, werden zuvor von einem ämterübergreifenden Arbeitskreis auf ihre Eignung zum Wohnen geprüft. Nach der Feststellung der Eignung werden die Liegenschaften im Konzeptverfahren zum Festpreis ausgeschrieben. Bei Ausschreibungen nach dem Konzeptverfahren entscheidet nicht der Preis, sondern die beste Idee. In anderen Städten, wie zum Beispiel Hamburg und Tübingen, ist die Vergabe nach dem Konzeptverfahren bereits eine etablierte Methode, da gemeinschaftliche und kooperative Projekte einen positiven Beitrag zur integrierten Quartiersentwicklung leisten.
Liegenschaften im Bahnhofsviertel und Nordend
Die ersten ausgeschriebenen Liegenschaften im Bahnhofsviertel und im Nordend vergibt die Stadt in Erbpacht. In der Niddastraße 57 und 59 werden zwei Gebäude in einem gemeinsamen Verfahren ausgeschrieben, so dass Gruppen ihre Bewerbung entweder für eine oder für beide Liegenschaften abgeben können. Die ehemaligen Pelzhandelshäuser sollen zu Wohnzwecken umgenutzt werden und bieten Platz für bis zu 24 Wohneinheiten. Wie es das Baurecht im Bahnhofsviertel vorsieht, soll es im Erdgeschoss eine öffentlichkeitswirksame Nutzung geben. Im zweiten Verfahren wird ein bisher unbebautes Grundstück auf der Friedberger Landstraße in Höhe des Hessendenkmals ausgeschrieben. Hier könnte ein Neubau mit bis zu neun Wohneinheiten errichtet werden. Da es sich um eine innerstädtische, verkehrlich bestens erschlossene Lage handelt, müssen Gruppen für diese Liegenschaft ein Mobilitätskonzept zur Reduzierung der Stellplätze erarbeiten. Die beiden ersten Verfahren bilden den Auftakt. Es sind bereits weitere Projekte geplant, denn über den Liegenschaftsfonds sollen regelmäßig Grundstücke für das gemeinschaftliche Wohnen angeboten werden, die über das Netzwerk Frankfurt publik gemacht werden.
Bewerbung mit Konzept
Interessierte Projektinitiativen können sich für das Verfahren Niddastraße bis zum 13. Juli und für das Verfahren Friedberger Landstraße bis zum 15. Juli bewerben. Sie sollten in ihrer Bewerbung ihre Ideen und Konzepte für die Liegenschaft, die Beschaffenheit ihrer Gruppe, ein überzeugendes Finanzierungsmodell und die angestrebte Rechtsform darstellen. Für eine positive Bewertung gibt auch das Konzept für gemeinschaftlich genutzte Räume den Ausschlag. Je nach Liegenschaft können zudem besondere Kriterien festgelegt werden, die bei der Vergabe eine Rolle spielen. Wer am Ende den Zuschlag bekommt und einen Vertrag mit der KEG abschließt, entscheidet ein Beirat, besetzt mit Experten aus Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft.

Weitere Informationen
www.wohnungsamt.frankfurt.de
www.gemeinschaftliches-wohnen.de