Seit März ist der neue Standort der Europäischen Zentralbank (EZB) im Ostend in Betrieb. Ein knappes dreiviertel Jahr später ist auch die Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle fertiggestellt. Im November fand die Einweihung unter Anwesenheit von Politikern, EZB, Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde und weiteren geladenen Gästen statt. Von Beginn an waren die Stadt Frankfurt, die EZB und  die Jüdische Gemeinde Frankfurt entschlossen, im Zuge des Neubaus der EZB einen Ort des Gedenkens an der Großmarkthalle zu schaffen. Die Stadt lobte 2009 einen internationalen Wettbewerb in enger Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und der EZB aus, der im März 2011 entschieden wurde. Der Entwurf des Architekturbüros KatzKaiser siegte, da dessen Konzept dem Ort des Geschehens in besonderer Weise Rechnung trägt und der Tragik der Deportationen angemessen Ausdruck verleiht.
Ort der Erinnerung umfasst verschiedene Komponenten
Die Umsetzung des Konzepts war eine komplexe Aufgabenstellung für das Hochbauamt. Es galt, die Belange zahlreicher städtischer Beteiligter wie beispielsweise das Kulturamt als Bauherr, das Jüdische Museum, das Denkmalamt, das Amt für Straßenbau und Erschließung und das Grünflächenamt zu koordinieren. Zusätzlich war das Projekt in die Erfordernisse der Großbaustelle EZB einzupassen und mußte allen Sicherheitsbelangen gerecht werden. Wegen der Bauarbeiten nahe des Bahndammes war zeitweise die Deutsche Bahn einzubinden. Durch intensive Abstimmungsgespräche und Teamarbeit ist nach über zweijähriger Bauzeit das Projekt fertiggestellt. Als Ergebnis ist ein Ort der Erinnerung entstanden, der das dunkle Kapitel der Großmarkthalle mit der Deportation von 10 000 Juden zwischen 1941 und 1945 nicht in Vergessenheit geraten lässt. Teile der Erinnerungsstätte wie die Kellerräume und die Rampe liegen auf dem EZB-Gelände. Stellwerk, Fußgängersteg und Gleisfeld sind hingegen öffentlich zugängig.
EZB-Schienen
26 Zitate vermitteln die Geschehnisse
Die Bauteile der Erinnerungsstätte stehen in einem inhaltlichen und räumlichen Bezug: das Stellwerk und das Gleisfeld, der Fußgängersteg, der Weg sowie die Rampe mit den Kellerräumen. Sie alle tragen Zitate von Opfern und Zeitzeugen. Die 26 Inschriften können von Besuchern und Passanten eher beiläufig wahrgenommen werden. Im Osten der Großmarkthalle befindet sich der öffentliche Teil der Erinnerungsstätte. Er dokumentiert den Abtransport der Menschen, der bei laufendem Marktbetrieb erfolgte. Die Rampe zeichnet den Weg der Menschen nach. Auf der Platzfläche erinnern alte Schienen und zusätzlich eingearbeitete Schienenspuren im Beton an die Deportation. Ein Fußgängersteg mit Treppenaufgang gehört mit zu dem Ensemble. Es war der Ort, an dem Angehörige Abschied nahmen und der von Schaulustigen zur Beobachtung genutzt wurde. Von diesem Ort aus lassen sich die damaligen Wege und Abläufe der Deportation nachvollziehen. Zitate vermitteln die damaligen Geschehnisse eindrucksvoll. Ein Weg im Grünstreifen – der das Ostend für Passanten und Radfahrer mit dem Mainufer verbindet – führt zum so genannten Rampenbauwerk mit den anschließenden Kellerräumen. Die Rampe ist mit einer Glasscheibe versehen. Auch sie trägt ein Zitat.
Im Originalzustand belassen und konserviert
Die Passanten können durch die Scheibe die Rampe hinunterblicken bis zur Eingangstür der Kellerräume unter der Großmarkthalle. In diesen Räumen wurden die Menschen bis zu ihrer Deportation festgehalten. Um den Ort so authentisch wie möglich zu erhalten, wurde er weitestgehend in seinem Originalzustand belassen und konserviert. Auch hier rufen Zitate die Ereignisse wach. Das Rampenbauwerk mit den Kellerräumen liegt auf dem Grundstück der EZB. Nach vorheriger Anmeldung bietet das Jüdische Museum Führungen an.